nicoletta

Nicoletta Prevete

Mannheim

„Nach meiner ersten Chemo lud mich eine Freundin zu einem Flamenco-Abend in ein kleines spanisches Restaurant ein. Ich brezelte mich auf, aß, trank und tanzte an dem Abend um mein Leben. Eines war mir nach meiner Diagnose klar: ich lasse mir nicht ein und ein Halb Jahre Lebenszeit durch eine gottverdammte Krankheit klauen! Als der Arzt davon sprach, dass mich ein und ein Halb Jahre Therapie erwarteten, starrte ich ihn nur ungläubig an. Was für ein gefühlt ewiger Zeitraum, dachte ich nur entsetzt. Ab sofort musste ich aber in ganz kleinen Zeiteinheiten denken. Wie gestalte ich einzelne Tage? Vormittage, Mittage, Abende? Was geht heute, was nicht? Und ich feierte ununterbrochen Bergfeste. Nach der Operation holte mich mein Mann in einem Oldtimer eines Freundes ab und wir cruisten einen ganzen Tag lang am Neckar entlang bis in den Odenwald. Nach dem ersten Chemo-Block flogen wir im Februar nach Südspanien und ließen uns den Wind um die Ohren pfeifen an menschenleeren Stränden. Nach dem zweiten Chemoblock verbrachte ich eine Woche in einem bezaubernden Garten in Südfrankreich. Ich nahm das obligatorische Tuch vom Kopf und ließ Sonne auf meinen ersten Haarflaum. Und als ich alle Therapien überstanden hatte, überreichten mir meine Kinder einen Oskar. „Mama ist die Siegerin 2018“ war auf dem Sockel eingraviert. Ich hab‘ mich nie als Heldin oder Siegerin gefühlt. Ich weiß, dass Krebs ein ziemlich unfairer Gegner sein kann und, dass es nicht ums Siegen oder Verlieren geht. Dass impliziert ja immer, wenn man diesen „Kampf“ nicht gewinnt, sich nicht genug angestrengt zu haben. Das ist Bullshit. Es geht um Lebensqualität. Immer. Egal wie der „Kampf“ ausgeht.

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